Auf dem South West Coast Path durch Cornwall

Meine Beine brennen, der Wind pfeift durch mein verschwitztes T-Shirt, noch 30 Stufen… 20… 10… und dann bin ich oben, bleibe erst mal stehen, puste die Haarsträhnen aus dem Gesicht, stütze mich auf meine Trekkingstöcke und atme tief durch. Nicht nur, um die gequälten Lungen wieder mit Luft zu füllen. Sondern viel mehr, um den Anblick, der sich mir bietet, voll und ganz zu verarbeiten. Endlose Weite, Schäfchenwolken am Himmel, tiefblaues Wasser, steile Klippen – und ein kleiner Pfad, der sich beharrlich auf genau diesen Klippen entlangschlängelt und sich langsam in der Ferne verliert.


Bucht in Cornwall entlang des South West Coast Paths // Foto von Fräulein Draußen

Genau dieser Pfad war für die letzten zwölf Tage mein Zuhause. Und es waren die allerschönsten zwölf Tage! Zugegeben: Am ersten Tag nach meinem Start in Land’s End hatte ich noch keine Augen für die Schönheit der Küste, die Freundlichkeit der Menschen, die leckeren Dinge in den kleinen Strandcafés. In meinem Kopf gab es nur einen Gedanken: Wie kann man nur auf die Idee kommen, alleine mit Zelt und Rucksack 2.000 Kilometer vom süd-westlichsten zum nord-östlichsten Punkt Großbritanniens zu laufen?


Wandern entlang des South West Coast Path in Cornwall // Foto von Fräulein Draußen

Die erste Nacht im Zelt war schrecklich, der darauffolgende Morgen noch schrecklicher. Aber wie ich dann so durch den frühmorgendlichen Küstennebel meinem Schicksal entgegenstapfte, stand da plötzlich wie aus dem nichts ein kleines graues Pony vor mir. Es kam langsam auf mich zu, schnaubte und begann an meinem Trekkingstock zu knabbern. In diesem Moment machte es Klick. Ich war draußen, ich war frei – und ich war bereit für mein großes Abenteuer, dem ich in den vergangenen Monaten so sehr entgegengefiebert hatte.


EIn Pony auf dem South West Coast Path, Cornwall // Foto von Fräulein Draußen

Und dann sah ich sie: Die kleinen Blumen am Wegesrand, durch deren hellrosa Blüten die Morgensonne schimmert. Die türkisfarbenen Buchten, in denen zahllose Surfer hoffnungsvoll auf die perfekte Welle warten. Die kreischenden Meeresvögel, die sich in den steilen Klippen um den Nachwuchs kümmern. Die wohlwollenden Gesichter der Menschen, die mir auf dem oft schmalen Coast Path bereitwillig Platz machen. Die duftenden Pasties, Scones und Cream Teas auf den Tischen vor den liebevoll hergerichteten Strandcafes. Die wolligen Schafe, die auf weiten grünen Wiesen jedem Wetter trotzen. Es war nicht wie bei Rosamunde Pilcher, es war viel besser als das.


Leuchtturm entlang des South Coast Path in Cornwall // Foto von Fräulein Draußen

Gestern habe ich die Grenze zu Devon überquert und in Gedanken nochmal laut Danke gesagt. Danke Cornwall, dass Du mir den Start in mein Abenteuer so einfach gemacht hast!

Noch zwei Tage auf dem South West Coast Path in Devon liegen vor mir – und dann muss ich das Meer auch schon verlassen. Falls ich es auf dieser Wanderung nochmal wiedersehen sollte, wäre das toll. Denn das würde bedeuten, dass es nur noch zwei Tagesetappen bis zu meinem Ziel John o‘ Groats sind.


Sonnenuntergang in Cornwall // Foto von Fräulein Draußen

Dazwischen liegen viele andere tolle Gegenden wie das Exmoor, der Peak District und natürlich die Highlands. Aber das Meer, das werde ich definitiv vermissen. Musste ich mich doch bisher immer nur kurz nach links drehen, auf die Wellen schauen und alle Anstrengung war vergessen…

 

Über Fräulein Draußen

Bei Fräulein Draußen geht es um kleine und große Abenteuer. Abenteuer, die jede und jeder erleben kann. Egal ob in den heimischen Bergen oder der weiten Welt. Es geht um die Liebe zur Natur und den Drang nach Freiheit. Es geht um selbstbestimmtes Reisen, egal ob allein oder in Begleitung. Outdoor, Reisen, Wandern, Abenteuer – am besten alles zusammen. Mit viel Begeisterung und ein bisschen Mut. Nicht nur für Fräuleins!


Fräulein Draußen in Lands Ends, Cornwall // Foto von Fräulein Draußen

Eigentlich heißt das Fräulein Draußen übrigens Kathrin, ist 28 und kommt aus München. Neben dem Draußensein mag sie Hunde und schlechtes Wetter. Sie studierte zwei Semester Altisländisch. Und ihre Lieblingsfarbe ist grün.

 

Über die Wanderung durch Großbritannien

Kathrin möchte Großbritannien einmal komplett der Länge nach durchwandern – vom süd-westlichsten zum nord-östlichsten Punkt. Von Land’s End nach John o‘ Groats.  Knapp 2.000 Kilometer. 85 Tagesetappen. Das macht im Durchschnitt 22,8352941176 Kilometer pro Tag. Dazu kommen noch die Höhenmeter. Zwischen 80 und 1440 ist alles drin.

Der gängige Name, oder viel mehr die offizielle Abkürzung dieses Vorhabens lautet übrigens LEJoG bzw. JoGLE, je nachdem, ob man die Insel von Süd nach Nord oder umgekehrt durchquert. Wobei diese Abkürzung eigentlich vor allem unter Radfahrern bekannt ist, denn die Insel in ca. 10 – 14 Tagen der Länge nach zu durchfahren ist ein beliebtes Vorhaben unter Britischen Radsportlern.

Zu Fuß machen sich da schon deutlich weniger Menschen auf den Weg, und außerhalb der Grenzen des Königreiches ist diese Fernwanderung sowieso kaum bekannt. Was aber auch daran liegen mag, dass es gar nicht „die eine“ Route gibt. Wichtig ist nur die Durchquerung von Süd nach Nord komplett auf zwei Beinen bzw. zwei Rädern – wie man den Weg dazwischen gestaltet, bleibt einem selbst überlassen.


Zelten entlang des South Coast Paths in Cornwall // Foto von Fräulein Draußen

Kathrins Route folgt zu ca. 40% etablierten Fernwanderwegen und versucht wann immer möglich fernab von Orten und Städten zu verlaufen, was das Laufen zwar nicht gerade einfacher, dafür aber umso schöner macht. Auf der Liste stehen unter anderem Teile des South West Coast Path, des Offa’s Dyke Path, des Pennine Way und der West Highland Way.

Mehr Infos und Berichte zu Kathrins Wanderung findet Ihr auch hier auf www.fraeulein-draussen.de. Außerdem könnt ihr auf Facebook, Instagram und Twitter immer live mit dabei sein.